■ Die Nachfrage nach Modellen zur alternativen Risikofinanzierung (zum Beispiel Captive-Model- le) steigt auch bei mittelgroßen Unternehmen, um von den oben genannten Entwicklungen unab- hängiger zu werden. 2. US-Schäden – ein Fass ohne Boden? Ein wesentlicher Faktor für die Prämien- entwicklung – auch auf dem deutschen Markt – bleibt die Tendenz in den USA. Sie ist auch für viele deutsche Unter- nehmen von großer Bedeutung, entwe- der durch lokale US-Niederlassungen oder durch US-Exporte. Einen sehr guten Eindruck des Ein- flusses, den der US-Markt ausübt, ver- mittelt das nachfolgende Schaubild: HAFTPFLICHT-, UNFALL-, RECHTSSCHUTZVERSICHERUNG Property & Casualty, Anteil am Ge- samt-Prämienwachstum nach Region, 2021 in Prozent: Quelle: Allianz Global Insurance Report 2022: A decisive decade 18,3 4,4 12,8 P & C: + EUR 98 Mrd. 64,5 Nordamerika Westeuropa Asien Rest der Welt Der US-Anteil am weltweiten Prämien- wachstum in Property & Casualty in 2021 lag demnach bei fast zwei Drit- tel, unter Hinzunahme des westeuro- päischen Marktes bei mehr als drei Viertel. Hieraus lässt sich die enorme Bedeutung der Prämiensteigerungen in den USA für den gesamten Versi- cherungsmarkt ablesen. Konkret bezogen auf den Haftpflicht- markt ist die nachfolgende Aufstellung sehr interessant: Die Kursänderungen im ersten Quartal lagen zwischen -0,5 Prozent und +10,5 Prozent 1. Quartal 2022 4. Quartal 2021 3. Quartal 2021 2. Quartal 2021 1. Quartal 2021 Commercial Workers Commercial Auto 5,9 % 8,0 % 7,4 % 6,8 % 9,0 % Compensation Property -0,5 % 0,3 % - 0,3 % 0,3 % 1,0 % 8,6 % 10,5 % 10,3 % 9,9 % 12,0 % General Liability Umbrella- Deckung Durchschnitt 3,9 % 6,4 % 6,3 % 6,0 % 6,2 % 10,5 % 15,0 % 16,9 % 17,4 % 19,7 % 5,7 % 8,1 % 8,1 % 8,1 % 9,6 % Quelle: The Council of Insurance Agents & Brokers In den USA haben sich die Prämienra- ten nun im 18. Quartal in Folge erhöht. Zu erkennen ist, dass sich in den ver- gangenen Quartalen die Preissteige- rungen in der allgemeinen Haftpflicht in den USA immer zwischen sechs und sieben Prozent bewegt haben, in den Umbrella-Deckungen (also der lokalen Haftpflicht-Anschlussde- ckung, die auch Auto Liability und Employers Liability einschließt) noch deutlich höher, nämlich zwischen 15 und 20 Prozent. Erst im jüngsten Quartal (Q1/2022) ist die Steigerung jeweils etwas niedriger ausgefallen, nämlich 3,9 Prozent in der allgemei- nen Haftpflicht und 10,5 Prozent bei den Umbrella-Deckungen. In der Tendenz ist somit zwar ein leichtes Abflachen zu erkennen, im Jahresvergleich sind die Steigerungen aber noch immer sehr hoch. Aus dem leichten Abflachen der Steigerung im 1. Quartal einen Trend herauszulesen, erscheint auch verfrüht. Die Gründe für diese Prämiensteige- rungen sind inzwischen hinlänglich be- kannt und wurden bereits des Öfteren dargestellt. Die wichtigsten Treiber sind: ■ soziale Inflation, besonders be- günstigt durch gewinnorientierte Prozessfinanzierer, ■ härtere Geschworenenurteile, ■ großzügigere Entschädigungsan- sprüche der Arbeitnehmer, ■ gesetzliche Entschädigungserhö- hungen und/oder ■ neue Delikt- und Fahrlässigkeits- konzepte. Das hat zu folgender Entwicklung ge- führt: Zwischen 2010 und 2019 sind in den USA die durchschnittlichen Schadenersatzsummen jährlich um 51,7 Prozent gestiegen, obwohl die ökonomische Inflation nur bei 1,7 Prozent lag. Der Anstieg der Scha- denersatzsummen lag also um den Faktor 30 höher! (Quelle: HDI Global SE, „Social Inflation & GOT-Risiken“, Vortrag P. Schulz/A. Djazayeri am 15.06.2021) Sollte sich die Entwicklung in diesem Umfang und Tempo fortsetzen, wird das Risiko für Unternehmen, ihre Geschäfte (auch) in den USA zu be- treiben, immer schwerer kalkulierbar; es steht zu befürchten, dass der not- wendige Versicherungsschutz noch teurer wird. 3. Inflation Nicht zu vernachlässigen sind die Aus- wirkungen der steigenden Inflation. Durch die höheren Rohstoffpreise, höhere Energiekosten etc., die an die Abnehmer durch höhere Preise weitergegeben werden, steigen die 15